Ich bin jetzt ganz offen und ehrlich, und zwar was einen Teil von mir betrifft, der ein bisschen sensibeldidudeldu ist. Ich glaub aber, es bringt nichts, wenn sich dieses Thema in mich reinfrisst (im wahrsten Sinne des Wortes), drum tipp ich mal drauf los und mach ein hoffentlich brauchbares Blogeinträglein draus :)
Wie gehts euch? Wie war eure Fastenzeit? Diese lange Zeit, vor der ich anfangs zurückgeschreckt bin, wo ich miese Laune bekommen hab, wenn ich nur dran dachte.
Jetzt ist sie vorbei. Und ich muss sagen, ich vermisse sie, auch wenn viele das vielleicht gar nicht verstehen können :D Ich habe mich noch nie so "gut" gefühlt wie während der letzten Wochen. Trotz Virus-Hausarrest (die anderen Begriffe (Cor*** und Quar****** kann ich schon nicht mehr hören!!), trotz Unistress, trotz privaten Problemchen, trotz Hormonachterbahnen,... Mir ging zum Beispiel besonders das Essen nicht ab. Es war eher so, als würde mir durch die Fastenzeit eine Last abgenommen, ich hatte ein Problem weniger! Das Problem, dass ich mich oft schlecht fühlte, weil ich gern ein bisschen zu viel aß. Ich hab jetzt erfahren, was ich immer schon wusste, aber nicht wahrnehmen wollte: dass ich gar nicht viel brauche; nicht beim Essen und nicht bei allen anderen Genussmitteln. Essen ist etwas Gutes, das unseren Körper erneuert. Aber ich hab es oft eher wie ein Suchtmittel verwendet, so blöd es auch klingt.
Jedenfalls war es während der Fastenzeit so, als hätte Gott mir eine schwere Decke aus Disziplin umgehängt. Sie war schwer, warm und weich. Manchmal drückend, aber immer wie eine Schutzschicht auf mir. Es war einfach. Weil ich quasi keine Wahl mehr hatte. Die Decke drückte meine Arme nach unten, bevor ich sie auch nur erheben konnte, um irgendwas überschüssig Tolles zu nehmen oder tun. Selbstdisziplin nennt man das sonst wohl. Für ein paar Wochen erfüllte mir Gott gewissermaßen den schon oft gehegten Wunsch, mir doch meine Entscheidungsfreiheit abzunehmen. Nicht, dass er das tatsächlich getan hat, aber es fühlte sich so an; ich sah einfach keine Entscheidungen mehr, weil für mich zum Beispiel sowieso feststand, wann und wie viel ich esse. Das Essen-sollen und Essen-wollen war weg, die Kopfhörer wurden gar nicht erst beachtet, das Handy oft von vornherein einfach nicht eingeschalten. Die Kraft von aufrichtigen Vorsätzen! Mir ist auch der Gedanke gekommen, dass es sehr selbstbezogen ist, sich Gedanken zu machen, weil man zum Beispiel zu viel gegessen hat. Die vergangenen Wochen waren mir eine unglaubliche Stütze und haben mir gezeigt, was ich eigentlich kann; aber ich musste aufpassen - und das wusste ich vom ersten Tag an - dass mich der Teufel nicht kriegt, indem ich anfange, nur zu meinem eigenen Nutzen zu fasten und nicht mehr für Gott. Hab ich was falsch gemacht? Hätte ich mit meinem Willen kämpfen müssen, hätte ich schweren Versuchungen widerstehen müssen?
Mein Kampf um Selbstdisziplin scheint ein ewiger zu sein. Ich hab überlegt, ob mir das eigentlich irgendwie peinlich ist oder sein sollte; ob ich darüber hier überhaupt schreiben soll ^^ "Ich verfressene Göre" und so. Aber es ist mir glaub ich weniger peinlich als dass es mich traurig macht. Ich bin sicher, es geht vielen auch ähnlich wie mir. Zumindest zeitweise. Kein Kalorienzählen, intermittent fasting, keine handy- oder instragramlose Woche bringt was ohne ein bisschen Beherrschung. Diese wunderschöne goldene Mitte von Genuss und Beherrschung in allem! Darüber hab ich auch schon in meinem vorletzten Eintrag geschrieben, als ich es mit St. Augustinus sagte https://www.natelle.net/2020/03/29/fasten-ist-schwer-sogar-f%C3%BCr-augustinus/
Ich bin Gott sehr dankbar für diese Zeit, in der ich mit Leichtigkeit, weil voller Liebe, für ihn fasten konnte. Und für mich selber unglaubliche Erfahrungen gemacht hab. Auch wenn der Sinn der Fastenzeit natürlich nicht ist, eine gute Zeit zu haben - für mich war diese Enthaltsamkeit Mittel zu meinem Wohlergehen UND ein Mittel um Zeit für Gott zu gewinnen und ihm näher zu kommen. Das darf man beim Fasten wohl nicht vergessen. Es war ein Geschenk Gottes, um mir zu zeigen, was ich vermag und wie unwichtig viele der Dinge sind, an denen ich mich oft verzweifelt festklammere.
Und jetzt... Muss es weiter gehen. Auch ohne diese Decke.
Die Tage, an denen man fest ans Leiden Jesu denkt und gerne wenig oder nichts oder zumindest nichts spektakuläres isst, und dann die Feiertage, an denen man sich "ausnahmsweise" wieder was gönnt - sie sind vorbei; aber die "Euphorie" soll nicht schwinden, die Liebe zu Gott soll stark und präsent bleiben, wir sollen die Gewinne, die wir erzielt haben, weiterleben. Das heißt für uns alle etwas anderes: für die einen vielleicht, nicht wieder wie vor der Fastenzeit stundenlang auf Social Media Plattformen herumzulungern, für andere, die vorgenommene tägliche Gebetszeit auch weiterhin einzuhalten, sich in bestimmten Situationen zusammenzureißen... Kurz, die Selbstdisziplin, (die ich zumindest gerade beinahe passiv erlebt hab,) aktiv fortzuführen. Der Feind hat in der Fastenzeit zwar gute Gelegenheiten gehabt, uns reinzulegen, aber ich finde, dass man jetzt genauso anfällig ist - wenn man nur mal auf die Schwachstellen achtet! Der Alltag ist durchlässiger als "besondere" Tage wie eben in der Karwoche zum Beispiel. Der echte Kampf muss tagtäglich geführt werden, auch wenn wir ihn nicht mehr so sehr als Kampf wahrnehmen.
Ich hab schon ein paar mal drüber geschrieben, wie Gott alles in uns erwirken kann. Wie wir alles in ihm vollbringen können. Zu sagen, dass wir etwas nicht können, bedeutet, ihm etwas nicht zuzutrauen. "Meine Kraft kommt in deiner Schwachheit zur Vollendung." (2. Korinther 12) Er ist mächtig, er liebt uns und weiß, was gut für uns ist, und seine Stärke wird in unsere Schwachheit sichtbar. Wenn etwas Gutes schwer wird, denken wir nicht nur daran, dass es gut für uns ist, sondern auch daran, dass Gott will, dass wir es tun, weil es gut für uns ist, weil er uns liebt; mit derjenigen Liebe, die uns zu uns selbst oft fehlt. Da schaut uns jemand zu, der unser Bestes im Sinn hat!