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Gott töpfern lassen

 

Das kennt wahrscheinlich jeder ein bisschen, dass man sich das eigene Leben ausmalt, dass man einen Zeitstrahl im Kopf erstellt mit Grafiken entlang; mit Bildern von Menschen, mit denen wir rechnen im Lauf der Zeit, von Berufen, in denen wir uns sehen, von Dinge, die wir vielleicht machen werden. Es ist nicht wirklich ein Plan, eher eine Vorstellung, ein Ideal. Das Schwierige dabei ist, Änderungen auf dem Strahl zuzulassen. Berufe auszutauschen. Erkannt geglaubte Bestimmungsorte zu wechseln. Oder den Posten von Menschen, die drauf vorkommen, zu ändern. Manchmal glauben wir, dass wir gewisse Leute in ihren Positionen behalten müssen. 

Gottes Plan ist perfekt. Unser Verständnis davon alles andere als. Wir stellen uns unser Leben auf eine gewisse Art vor. Aber zu welchem Zweck? Wir müssen flexibel bleiben. Wir sind der Ton, er der Töpfer. Wir die Leinwand, er der Maler. Wie groß kann unsere Angst sein, wenn wir Veränderungen begegnen. Wir haben doch eigentlich geglaubt, hier oder dort angekommen zu sein, dies und jenes sicher wissen zu können. "Ich bin doch gar nicht die Person, das zu tun!" oder "Eigentlich sollte ich doch jetzt dort sein, mit diesen Menschen, und jenes tun! Und stattdessen bin ich hier..." 

Es fühlt sich manchmal so an, als hätten wir einen Teil von Gottes Masterplan vermasselt. Vielleicht war die Entscheidung von vor einem Jahr falsch; vielleicht wäre alles anders gekommen und ich wäre dort, wo ich mein Ideal-Ich sehe, wenn ich an diesem Tag anders gehandelt hätte. 

 

Vertrauen ist mehr, als den Moment in Gottes Hände zu legen. Es ist auch, die Vergangenheit, Dummheiten, Unsicherheiten und die Zukunft in seine Hände zu legen. Die Vergangenheit, die mir scheinbar etwas 'verweigert' hat. Dummheiten, die mich 'aufgehalten' haben, das zu sein, was wir zu sein geglaubt haben. 

Wie viel Zeit haben wir z.B. bisher damit verbracht, bestimmte Menschen auf dem Strahl bewahren zu wollen... Weil sie irgendwie einen Teil von uns ausmachen. Zu oft haben wir diejenigen, die wir theoretisch vom Strahl gestrichen hab, doch noch im Hinterkopf auf Reserve behalten. Wir dürfen nicht vergessen, dass unsere Identität nicht in unserer Macht steht. Wer bin ich?, fragen wir uns. Dann kommen Eigenschaften, die, wie wir glauben, uns ausmachen. Was wir mögen, wen wir mögen, was wir tun. Aber zu viel von dieser Identitäts-Idee, von der Vorstellung, wer wir scheinbar SIND oder immer schon gewesen sind und deshalb bleiben müssen, kann uns von der Person, die wir wirklich SEIN KÖNNEN, abhalten. Vielleicht sind wir zu mehr fähig, vielleicht gehören wir zu anderen Menschen, vielleicht haben wir noch ganz andere Eigenschaften. Unser Töpfer weiß, was er tut: Auch wenn alles, alles anders ist, als wir uns vorgestellt, erhofft, erträumt, gewünscht haben, Veränderungen durch ihn machen uns schöner, robuster- und ja, vielleicht komplett anders! Wenn wir doch Gott einfach in Ruhe töpfern lassen und uns nicht wie schlechter, trockener Ton gegen Änderungen und Einkerbungen wehren würden. Das wünsch ich uns.