"Er ist sehr... korrekt. Es muss alles perfekt sein, jeder Kaffee und jeder Kuchen. Aber, weißt du, das ist nicht das Wichtige bei der Sache. Es geht darum, die Menschen zu lieben. Kaffee ist nur Kaffee. Aber die Menschen brauchen Liebe."
So beschrieb mir Didi einen anderen Mitarbeiter, unter dessen Obhut sie mich als Neuling lieber nicht lassen wollte, als ich letztes Mal im 'Koffieklap' aushalf. Das Café ist ein außergewöhnlicher Ort; beim Hineinkommen spürt man Wärme nicht nur äußerlich, sondern fühlt sich auch innerlich wohl und geborgen. (Für die ganze Story von Koffieklap gibt's einen extra Blogeintrag: https://www.natelle.net/2019/09/25/koffieklap-a-place-with-a-heart/137779615/ )
Was Didi da sagte, hat sich mir seitdem tief eingeprägt. Wir wissen doch eigentlich alle, dass man die Menschen lieben soll. Aber ich zumindest habe das bisher völlig unbewusst, ohne Absicht getan. Ohne Aufwand, ohne Mühe; einfach nett sein, wie es grad passt. Jetzt habe ich versucht, jeden Tag bewusst diesem Gebot der Liebe zu folgen. Und wie glücklich macht das! Auch bei der Arbeit hat es mir geholfen: Ein Kaffee ist wirklich nur eine Tasse mit leckerem Inhalt, und wenn Milchschaum mal nicht ganz perfekt wird, ist das immerhin nur Milch. In anderen Gastronomiegewerben mag es wichtig sein, Perfektion zu bieten, aber da geht es dann meist wirklich nicht um zwischenmenschliche Beziehung, sondern um Geld und Genuss.
Auch im Unileben 'liebe' ich jetzt mehr. Es macht Freude! Ich möchte auch den noch so eigenartigen Studenten und linksradikalen Professoren mit Liebe begegnen. Oft genug wissen sie ja nicht, dass sie von oben mit unendlicher Liebe geliebt werden- wie wichtig ist es dann, wenigstens den Teil dieser mächtigen Liebe, den wir in uns selbst tragen, zu teilen.
Mir ist auch mein letzter Ferialjob wieder eingefallen, als ich im Krankenhaus Essen auszuteilen und Wäsche einzusammeln hatte. Wie wichtig ist es, niemandem die falsche Mahlzeit zu bringen und keinen Infusionsständer umzuschmeißen und den Krankenschwestern die Wäschedepots immer aufzufüllen! Aber wie viel wichtiger noch ist es, wie wir das tun. In den Stellenausschreiben hieß es, man solle einen freundlichen Umgang mit Patienten mitbringen. In anderen Worten: Ihnen mit Liebe begegnen können. Wie schön war es, jeden Tag ein Lächeln in die Gesichter der Kranken zu bringen, kurz mit ihnen zu plaudern. Manche schüttelten uns sogar die Hand oder umarmten uns am Tag der Entlassung, oder schenkten uns Pralinen oder 'Trinkgeld'.
Es geht alles darum, die Menschen zu lieben, egal wo, egal wann. Und das Tolle ist, dass jeder von uns jeden Tag die Gelegenheit hat, zu lieben und dadurch völlig erfüllt zu werden.